Stele – Gut Brook

Brook

Das Dorf Brook wird erstmals im Jahre 1230 als ‚Divelsbrok‘ im Ratzeburger Zehntregister erwähnt. Neben einigen Bauernhöfen bestand hier ein Gut. 1731 kaufte der Reichsgraf Hans Kasper von Bothmer, der als Minister des englischen Königs Georg I zu Macht und Reichtum gekommen war, das Gut. Brook war nur ein Teil des Bothmer’schen Besitzes und war verpachtet. 1934 musste es an den Mecklenburgischen Staat verkauft werden und wurde als Domäne verpachtet.

Im Herbst 1945 enteignete die sowjetische Besatzungsmacht in der von ihr besetzten deutschen Zone alle privaten Güter. Brook war nun „Volkseigenes Gut“ (VEG) und gehörte später zum VEG Elmenhorst. In Brook wurden Milchkühe und Schweine gehalten, auf den Feldern Weizen, Raps, Wintergerste und Zuckerrüben sowie Mais und Rotklee als Viehfutter angebaut.

Ab 1961 brachte die Abriegelung der Ostseeküste von Travemünde bis Boltenhagen durch die DDR auch für Brook große Einschränkungen. Niemand durfte mehr an den schönen Strand, der Grenzzaun und patrouillierende Grenzsoldaten versperrten den Weg. Die in Brook stationierten Grenzsoldaten der ‚8. Grenzkompanie‘ wohnten in der dort errichteten Kaserne.

Gelegentlich versuchten DDR-Bürger über die Ostsee in den Westen zu fliehen. Die meisten wurden schon an Land verhaftet. Von denen, die es auf die offene Ostsee schafften, ertranken und erfroren einige.

Nach 1989/90 gab es auch in Brook viele Veränderungen. Schon im November 1989 verschwanden die Sperranlagen auf der Trasse des ‚Kolonnenweges‘ und der Weg zum Strand war frei. 1990 begann der Abriss der Kaserne. Auf der Trasse des ‚Kolonnenweges‘ ab 1990 Teil des Naturschutzgebietes ‚Das Grüne Band‘ – verläuft heute einer der schönsten Radwege Deutschlands. 1992 konnte die Familie Dornier das ehemalige Gut kaufen und errichtete südlich des alten Gutes einen modernen Landwirtschaftsbetrieb. Dort werden ökologischer Ackerbau und Milchviehhaltung in großem Stil betrieben, während das ‚alte‘ Gut mit Ferienwohnungen touristisch wird.

(Text: Dorian Rätzke)

Literaturhinweis; Dietrich von Maltzahn „Querlage – Meine Erlebnisse als Arzt in Ost und West“, Boltenhagen-Verlag 2013 / „Mein erstes Leben oder die Sehnsucht nach Freiheit“, belleville-Verlag Michael Farin, München 2013
Christine und Bodo Müller „Über die Ostsee in die Freiheit“, Dellius Clasing Verlag 2010
Dorian Rätzke „Zwischen Stacheldraht und Strandkorb – DDR-Alltag an der Lübecker Bucht“, Boltenhagen-Verlag 2014
Christine Vogt-Müller „Hinter dem Horizont liegt die Freiheit“, Dellius Clasing Verlag, Bielefeld 2003

Erlebnisbericht eines Boltenhagener Arztes zu DDR-Zeiten

Außer regelmäßig patrouillierenden Grenzsoldaten hat dieser Strand keine Menschen gesehen. Es sei denn, es trat dieser schreckliche, besondere Ausnahmefall ein: Eine Wasserleiche wurde gesichtet und am Strand oder am Strand der Brooker Höhe angeschwemmt. Angesichts einer solchen Meldung wurde auf die Schnelle ein Kommando zusammengestellt, das aus etwa 10 Menschen bestand. Dazu gehörten ein Volkspolizist aus dem Revier, ein Staatsanwalt, mindestens zwei Mitarbeiter der Staatssicherheitsorgane, ein Kriminalkommissar, drei Angehörige der ‚Grenzbrigade Küste‘, die das unwegsame Gelände herrichten mussten sowie zwei Angestellte eines Beerdigungsinstitutes, welche die menschlichen Überreste bergen mussten, und ein Arzt, dessen Aufgabe es war, den Tod offiziell zu attestieren und den Totenschein auszustellen. Und das passierte immer wieder hier in Brook! Für mich war jeder dieser Ausflüge an den Strand bei Brook zum Alptraum geworden. Jedes Mal brauchte ich Tage, um mich von dem Erlebten zu erholen.

Dietrich von Maltzahn, Lübeck, 2020