Stele – Tarnewitz

Tarnewitz

Schon kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde der Boltenhagener Ortsteil Tarnewitz als Standort für die Errichtung einer Erprobungsstelle der Luftwaffe (E-Stelle) ausgewählt. Im Spätsommer 1935 begannen die Bauarbeiten. 5,5 Millionen Kubikmeter Ostseesand wurden aufgeschüttet, um eine künstliche Halbinsel mit Flugplatz zu errichten. Ein Deich aus Betonplatten schützte das Areal vor Sturm und Hochwasser.

1937 ging die E-Stelle unter höchster Geheimhaltung in Betrieb. Ingenieure und Militärs erprobten und entwickelten hier Flugzeugbewaffnung bis zur Einsatzreife. Bei den gefährlichen Tests verloren etliche Angestellte der E-Stelle ihr Leben. Für den Bau einer Startbahnverlängerung in Tarnewitz setzten die NS-Machthaber auch Zwangsarbeiter (u.a. aus Frankreich, Italien und der damaligen Sowjetunion) ein.

Nach Kriegsende besetzten die Alliierten das Areal, ab 1952/53 übernahmen die DDR-Seestreitkräfte das Gelände. Eine neue Bedeutung bekam das Areal 1963: Tarnewitz wurde ein Standort der 6. Grenzbrigade Küste, die see- und landseitig an der DDR-Ostseeküste die Grenze sicherte. Im Hafen lagen bis zu sechs Grenzkutter, die 1979 durch Grenzboote vom Typ GB-23 (je sechs Mann Besatzung) abgelöst wurden.

Lokale Fischer mussten sich bei einem Kontrollpunkt an- und abmelden, bevor sie in See stachen. Der Stab des 4. Grenzbataillons saß ebenfalls in Tarnewitz. Insgesamt gehörten etwa 200 Personen (Militärs und Zivilangestellte) in Boltenhagen zur Grenzbrigade Küste.

Seit dem Fall der Mauer 1989 hat die einstige Militär-Halbinsel ihren geheimen Status verloren. Heute wird sie auf einem Drittel der insgesamt 400.000 Quadratmeter von Urlaubern genutzt, der Rest ist Naturschutzgebiet.

(Text: Dorian Rätzke)

>>Literaturhinweis: Horst Günther: „Boltenhagen – Ostseebad, Chronik: Boltenhagen, Redewisch, Wichmannsdorf“. cw Nordwest Media Verlagsgesellschaft mbH Grevesmühlen
Horst Günther: „Die Architektur der Gemeinde Ostseebad Boltenhagen“. cw Nordwest Media Verlagsgesellschaft mbH Grevesmühlen
Horst Günther: „Ostseebad Boltenhagen –Einst und jetzt“. Herausgeber: Horst Günther und Inge Könhecke-Hadler GbR
Angelika Rätzke: „Mythos Tarnewitz – Geheimnisse einer Halbinsel“. Boltenhagen Verlag
Dorian Rätzke: „Zwischen Stacheldraht und Strandkorb – DDR-Alltag an der Lübecker Bucht“. Boltenhagen Verlag

IMPRESSUM

Diese Stele ist Teil des Projektes „Grenzenlos von Lübeck bis Boltenhagen“ und wurde durch die Kurverwaltung Ostseebad Boltenhagen aufgestellt. Finanzielle Unterstützung kam vom Landkreis Nordwestmecklenburg.

Besonderer Dank für die zur Verfügung gestellten Fotos gilt Horst Günther und Dorian Rätzke.

Text: Dorian Rätzke

Übersetzung Jennifer Pieper

Projektidee: Angela Radtke

Gestaltung: www.grafikagenten.de

März 2019