Dassow / Dassower See
Dassow gehört zu den ältesten Orten Mecklenburgs und wurde bereits um 950 erwähnt. Über diese Brücke führte schon der alte wendische Handelsweg, 1219 wird hier eine alte Zollstelle urkundlich genannt. Raubritter beherrschten lange Zeit dieses Gebiet, bis deren Dassower Burg zerstört wurde. Bis 1918 grenzten hier drei Herrschaftsbereiche aneinander. Dassow gehörte zu Mecklenburg-Schwerin, Schwanbeck zu Mecklenburg-Strelitz und der See zu Lübeck (Dreiherrenbrücke). Nach der Aufteilung Deutschlands 1945 durch die Alliierten lag Dassow in der Sowjetischen Besatzungszone. Uralte Beziehungen und Verbindungswege wurden abgebrochen. Die DDR begann 1950 mit der Grenzsicherung, richtete 1952 ein Sperrgebiet ein und verschärfte ab 1961 die Grenzsicherung drastisch. Ab 1979 versperrte eine 3km lange und 3m hohe Mauer nach Berliner Vorbild den Zugang und den Blick zum See, bis 1990 die Friedliche Revolution kam.
Im Sommer 1952 wurde Familie Bruhns aus Dassow im Rahmen der „Aktion Ungeziefer“ aus ihrem Haus (Sparkasse Friedensstraße) vertrieben.
„Mitten in der Nacht klopfte es an unsere Haustür. Schlaftrunken öffnete mein Vater, und dort wurde ihm mitgeteilt, dass er mit seiner Familie Dassow binnen 24 Stunden zu verlassen habe. Es käme ein Wagen, der ihn, seine Familie und seine persönliche Habe mitnehmen würde. Alles was zum Geschäft gehöre, habe dort zu bleiben.“ Der Erlebnisbericht der damals 8-jährigen Tochter wurde in dem Dassower Heimatheft Nr. 14 veröffentlicht.
1952 wurden aus Dassow 18 Familien vertrieben! Insgesamt 167 Personen aus den Orten Schwanbeck, Volkstorf, Benckendorf, Selmsdorf, Pötenitz und Dassow!
(Text: Hans Heinrich Moll)
*Kreisarchiv Nordwestmecklenburg, VA 1208, Ausgliederung von Personen aus dem Sperrgebiet 1052
1962 wurden nochmals 202 Personen aus dem Kreis Grevesmühlen ausgesiedelt („Aktion Festigung“)
Die Dassower Familien Hölper, kleines Handelsgeschäft, Lübecker Str. 21, und Heinemann, Drogerie, Friedensstr. 45, waren darunter. Am 3.10.1961 wurden sie aus ihren Häusern vertrieben.
„Jetzt wurde uns, Vater, Mutter und mir (Heide-Marie) ein Schreiben verlesen. Daraus ging hervor, dass unsere Familie zum eigenen Schutz aus dem Sperrgebiet ausgesiedelt wird. Die Familie stehe unter dem Einfluss der Bonner Ultras und sei dadurch eine Gefahr für die Mitbürger! Die Aktion ist bis 12:00 Uhr abzuschließen. Fahrzeuge und Kräfte ständen bereit.“
*Aus dem Bericht von Heide-Marie Hofmann (geb. Hölper) und Peter Hölper (s. Dassower Heimatheft Nr. 15)
Der 20-jährige Fischer Jürgen A. aus Dassow wollte gern auf größeren Schiffen um die Welt fahren. Seine Bewerbungen bei der Seereederei der DDR wurden aus politischen Gründen abgelehnt. Jürgen entschloss sich zur Flucht. Am Abend des 8.September 1965 fuhr er mit dem Kutter Wis 117 zum Fischen. In der Nähe des Feuerschiffes Gedser sprang Jürgen in die Ostsee. Die Strömung trieb ihn in die Fahrrinne. Der Flüchtende hatte Glück! Drei Stunden später sah ihn der Kapitän eines Frachtschiffes aus Hamburg und ließ ihn gegen 23:00 Uhr an Bord holen.
*Kurzfassung der mündlichen Schilderung von Jürgen A.